Dienstag, 14. Oktober 2014

#Talisman

Ich hatte ja mal ein ganz besonderes Stück: meinen Talisman, der ein paar Haare der von mir hochgeschätzten Jungfrau Maria enthielt.
Leider verschenkte man ihn 1804 an die Frau des kleinen Franzosen Josephine, die bei dieser Gelegenheit aja auch noch einen meiner Unterarmknochen mitnahm. Zumindest der Talisman wurde aber in diesem Jahr von der Aachener Goldschmiedeinnung unter Mitarbeit von 13 (!) Goldschmieden nachgebildet. Da (wahrscheinlich 1804) die Haare Mariens durch einen Splitter des Kreuzes Jesu ersetzt wurden, enthält die Replik Stückchen einer 2000 Jahre alten Mooreiche (Also Holz - ohne l... ;-))
Die Goldschmiede stellen ihr Gemeinschaftsprojekt hier vor und hier gibt es das Bild von Kaiserin Hortense, die das Stück auch ganz apart fand und noch eine passende Klunkerkette dafür anfertigen ließ.
Nunja. Frauen halt...
 
Am 11.10.2014 wurde das Goldstück der Öffentlichkeit präsentiert und ich muss sagen: nehm ich!
 
Die jährliche Innungsausstellung bildete den Rahmen

Die Aula Carolina

 

 

 
 


 
 

 
Schöne Fotos von der Herstellung der Replik kann man auch für 75,- ¬ hinter Acryl erwerben. Blöd, dass die Chorhalle um meinen Schrein fast nur aus Fenstern besteht... ;-)
 




 
Achja, und dann gab es noch den Wettbewerb, wo jeder der 13 mitwirkenden Goldschmiede ein Stück des geschliffenen großen Smaragdes zugelost bekam und ihn als Talisman neu interpretiert hat. Manch einer - wie der Goldschmied Philipp Hausmann - präsentierte ihn natürlich standesgemäß... :-)
 
Die Flachsschnur um den Anhänger ist eine Reminiszenz an die Haare Mariens, die ich ja ursprünglich im Talisman mit mir herum trug.
In der Zukunft wird diese Replik abwechselnd im neuen Centre Charlemagne und in der Domschatzkammer gezeigt. Seit das Palais du Tau in Reims von meiner Rückkehr gehört hat, reist das Original nämlich nicht mehr so gerne nach Aachen.^^

Mitfinanziert wurde die Replik durch den Verkauf von 500 (streng limitiert!) Silbermedaillen, die den Talisman modern widergeben.
[Einer kostet ebenfalls 75,- Euro und es sollen noch einzelne beim Goldschmied Ihres Vertrauens erhältlich sein...]

Montag, 15. September 2014

#Grashaus


Da ich bisher kaum einen lebenden Aachener getroffen habe, der schonmal im Stadtarchiv war, habe ich mich zum Tag des Denkmals ins Grashaus geschlichen.
Weil die Öcher in meiner Abwesenheit einen Rat statt eines Kaisers installiert haben, brauchte man um 1250 statt der (mittlerweile verfallenen) Königshalle ein Rathaus: Man wählte dazu den heutigen Fischmarkt und die nahe Wiese mit ihrem satten Grün führte dazu, dass das Haus bald als "Grashaus" bekannt wurde. Finanziert wurde auch dieser Bau mal wieder fremd - diesmal durch Richard von Cornwall, der in Aachen gekrönt werden wollte und aus der Sache mit Wilhelm von Holland zuvor seine (finanzielle) Lehre gezogen hatte.
1656 beim großen Stadtbrand wurde das Haus schwer beschädigt und so wurde dann im 18. Jahrhundert daraus ein Gefängnis. Denn diese Bewohner hatten ja keine andere Wahl...
 
1806 wurde das Haus wegen akuter Baufälligkeit geschlossen.
 
Da die Aachener aber schon immer eigenwillig waren, schaffte es 1836 eine Bürgerinitiative, das erste Aachener Rathaus als Stadtarchiv neu eröffnen zu lassen. Seitdem lagerten dort (wie in Archiven ja üblich) viel zu viele Urkunden, Akten, Bücher und alles, was woanders keinen Platz fand. Mittlerweile sind die Belege der Öcher Stadtgeschichte in die schöne Nadelfabrik im Reichsweg umgezogen - wo es mehr Platz gibt. Und ganz ehrlich: nach der Begehung der Baustelle am Sonntag kenne ich im Grashaus keinen Raum, wo ich guten Gewissens ein Buch längere Zeit gelagert hätte #Feuchtigkeit. Die allerorten weggebröselten Kaseinfarben scheinen mir da Recht zu geben. :-/
 
Genug aber zur Vergangenheit des Hauses - Willkommen Zukunft und vor allem:
Willkommen Europa!
 
Das Haus soll bis 2015 in ein (nur thermisch und nicht thematisch trockenes) "Europäisches Klassenzimmer" umgewandelt werden, das Schulklassen erklärt, was Europa eigentlich ist und wo es vor allem hingeht. Denn dass es mehr ist, als irgendwelche Kontinentalplatten auf Wasser merkt man kaum irgendwo besser als in Aachen. 
 
Frau Maier von der unteren Denkmalbehörde der Stadt Aachen führte sehr souverän die wesentlich mehr Menschen als erwartet durch die Baustelle.
Die nicht unerhebliche Wartezeit vor dem Gebäude versüßte einigen der Wartenden (also denen, die nah genug an das Fräulein herankamen) Frau Krücken, die Abteilungsleiterin des o.g. Amtes, sowie der Mann von Frau Maier, der sich die größte Mühe gab, den Wartenden zu erklären, was wann und warum wie lange dauerte: Denn aufgeklärte Wartende sind weniger mürrische Wartende. ;-) (Danke, Frank Fäller: wenn ich mal eine Revolution verhindern muss, weiß ich, wen ich rekrutiere!)
 
Im Folgenden meine Bilder - denn Ihr alle werdet es frühestens irgendwann 2015 sehen, wenn es dann fertig ist. Bääätsch! ;-)
 


der angebaute Eingang im Hinterhof
 
Der Tordurchgang am Fischmarkt
 

Rückansicht des ganz alten Gebäudeteils mit dem alten Anbau rechts


Treppenhaus


Ich habe extra viel Eis gelutscht in den letzten 1200 Jahren... ;-)

Das Treppenhaus soll in Schablonenmalstil den Kindern den Einstieg in Europa erleichtern



Ganz schön lang, das Gebäude: Das letzte Zimmer ist der große Ratssaal...

Türbeschläge (nicht von IKEA...)

Der ehemalige Lesesaal des Stadtarchivs mit buntbemalten Säulenkapitellen

Viel Technik, die in Wänden ohne Kabelschächten untergebracht werden muss...

Diese Säule war jahrelang in einer Mauer vermauert. Deswegen ist das Kapitell auch nicht bunt...















Das Wendeltreppenhaus mit den schönen Buntglasfenstern


Barbarossa schaute den Ratsherren auf die Finger

...und ich schaute Barbarossa auf die Finger... ;-)



Einfachverglasung




"Ein Geschlecht vergeht, das andere kommt"
Weiter geht dieses Bibelzitat: "die Erde aber bleibt ewiglich"




Wie viele Ratsherren wohl dachten, dass sie statt auf der Ratssitzung lieber jagen wären?

 
Viele kleine Löcher für viele kleine Punkte an den Wänden...


Das ist der ehemalige Manuskriptsaal. So trocken wie das Aachener Wetter.
 

In der Bildmitte seht ihr links ein restauriertes Achtel
 
Heizung. Archivar wollte man da auch nicht sein, oder?^^

Und in die "letzten" zwei Räume kommt die Karlspreisstiftung. Hell und modern.
 
Abschließend kann ich nur sagen:
Ich freue mich auf die Eröffnung 2015 - und wenn Ihr ein gekröntes Klappergestell seinen Schrein über den Fischmarkt rollen seht, wäre es nett, wenn Ihr mir beim Umzug helft - trotz der neu eingebauten Aufzüge im Grashaus.